Frisch vom Feld

 

Blumenfeld in Nienhagen

Überall in Deutschland, September 2011

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Der Main-Radwanderweg führt uns an die Bundesstraße. Dort liegen Kürbisse neben dem Weg. Fein säuberlich sind sie nach Größe sortiert auf einer Decke ausgebreitet. Daneben ein Schild mit den Preisen für die jeweilige Kürbisgröße und eine Spardose. Einen Verkäufer gibt es allerdings nicht. Der Kürbisverkauf läuft auf Vertrauensbasis. Die Käufer zahlen freiwillig den jeweiligen Betrag in die Kasse ein. Der Hof Kuhn aus Allersheim, von dem auch die Kürbisse stammen, hat mehrere solcher Stände. Dort werden je nach Saison Kürbisse, Spargel, Erdbeeren und Blumen angeboten.

Blumenfelder zum Selberpflücken

Zwischen Würzburg und Kitzingen

haben wir auf dem Weg immer wieder entdeckt. Hier gilt das gleiche Prinzip: dem Kunden wird vertraut und das Verkaufspersonal eingespart. In Nienburg an der Weser lernen wir am Rand eines solchen Feldes Anne kennen. Sie wohnt ein paar Ecken vom Feld entfernt. Am Nachmittag erwartet sie Besuch und will ihre Blumenvase füllen. „Ich kaufe meine Blumen eigentlich immer hier. Sie sind billiger als im Blumenladen und der Weg ist nicht weit.“, erklärt sie, während sie auf der Suche nach den schönsten beiden Sonnenblumen durch das Feld schleicht.

Besonders in ländlichen Gegenden gibt es viele solcher Stände. Dort wird verkauft, was sich eben sammelt. Eier, Milch, Kürbisse, Kartoffeln, Zucchini und Blumen haben wir auf unserem Weg durch Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern entdeckt. Rund um die Uhr sind die Stände geöffnet und meistens auch gefüllt. Von Vorteil für die Käufer sind Frische, Preis und die kurze Anfahrt. Jeder sucht sich selbst die schönsten Blumen und dicksten Gemüse aus. Das Naturerlebnis im Feld und das Gefühl selbst geerntet zu haben machen die Käufer stolz. Die Bauern haben keinen Zwischenhändler und keine Personalkosten. Auch die Umwelt wird geschont, denn Verpackung und Transport entfallen. Doch kann das wirklich funktionieren?

Anne aus Nienburg

Anne ist sich sicher, dass der Verkauf sich rentiert. 1,80 € zahlt sie für ihre beiden Sonnenblumen, genauso ist es auf der Preistafel neben der Spardose angegeben. „Natürlich zahle ich jedes Mal den vollen Preis“, erklärt Anne „und ich denke die meisten anderen Leute tun das auch. Zumindest habe ich noch niemanden gesehen, der ohne zu zahlen wieder gegangen wäre.“ Dennoch ist die Spardose einbruchssicher. Schaden kann das ja nicht. Viola aus Überlingen gibt in einem Internetforum Tipps für angehende Feldbesitzer. „Man wird nicht reich.“, gibt sie zu, „Aber es ist immer ein bisschen wie Weihnachten, wenn man das Kässchen öffnet. Man weiß nie was einen erwartet.“

Viola erlebt mit ihrem Blumenfeld bessere und schlechtere Jahre. „Einmal haben welche versucht das Kässchen aufzubrechen, aber unser Eigenbau hat Stand gehalten.“, schreibt sie. Das ist ärgerlich und lässt an dem Zweck eines Blumenfeldes zweifeln. Doch es gibt mehr ehrliche, als unehrliche Kunden. Viola bekommt von ihren Stammgästen auch Fotos

Kürbisse

ihrer Blumen zugeschickt. Auch kleine Briefe auf denen stand, dass man gerade kein Geld dabei habe, das aber unverzüglich nachreichen würde, hat Viola schon in der Kasse gefunden. Unterzeichnet wurde mit Namen und Telefonnummer.

Wir können auf dem Rad mit Schnittblumen nicht viel anfangen. Einen Kürbis haben wir auch nicht mitgenommen, da die Lebensmittelpacktasche gerade frisch gefüllt war. Aber am nächsten Eierstand halten wir bestimmt und machen Frühstückspause.

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